Als Freelancer in die Steueroase: Nicht nur die Vorteile überwiegen

Für viele NeugründerInnen stellt sich nach anfänglicher Euphorie schnell Ernüchterung ein und zwar spätestens dann, wenn die Steuern fällig sind: abhängig von der Unternehmensform geht knapp die Hälfte des Einkommens an den Vater Staat! Vor allem für Freelancer, die online arbeiten und örtlich unabhängig sind, drängt sich dabei die Frage der Auswanderung in eine Steueroase auf. Aber ist so ein Land mit niedrigen Steuersätzen wirklich die Lösung? Hier erfährst du mehr.

Die deutsche Steuer-Realität

Ob sich der große Schritt ins Ausland auch wirklich für dich lohnt, weißt du erst, wenn du die dortigen Steuerbedingungen mit der Situation in Deutschland vergleichst. Gerade für Gründer ist oft nicht so ganz klar, welche und wie viele Steuern man wofür eigentlich zahlen muss. Dass so einige mit dem Gedanken an eine Entlastung im Ausland spielen, ist kein Wunder. Denn der Punkt ist: Deutschlands Steuersätze sind kein Zuckerschlecken.

Steuern für Freelancer in Deutschland

Nun zu dem Teil, der für dich als Unternehmer besonders interessant ist. Diese Steuern betreffen dich in deiner Mission als Freelancer in Deutschland:

  • Einkommensteuer

Für Einzelunternehmen wird ein Einkommensteuerabzug vorgesehen, der mit dem Gewinn steigt. Deshalb wird entweder dein Betriebsvermögen zum einem bestimmten Zeitpunkt verglichen, oder es wird die Differenz zwischen deinen Einnahmen und Ausgaben ermittelt. Je nach Einkommen, zahlst du zwischen 25-55%!

  • Umsatzsteuer

Der Normal-Steuersatz beträgt 19%. Bei einem Einkommen unter 30.000 Euro jährlich allerdings, entfällt die Umsatzsteuer.

  • Versicherungen

Als Selbständiger bist du ab dem ersten Tag der Ausübung deines Berufes pflichtversichert. Dein Beitrag setzt sich grundsätzlich aus Beitragsgrundlage mal Beitragssatz zusammen. Deine Beitragsgrundlage wird immer aus der Einkommenssteuererklärung ermittelt.

  • Pensionsversicherung: 18,50%

Wichtig: Die Pensionsversicherung ist, wie auch z.B. die Aufwendungen für Kranken- und Pflegeversicherung zu bestimmten Teilen steuerlich absetzbar.

  • Krankenversicherung: 7,65%

Als Freelancer hast du die freie Wahl zwischen einer gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung. Die Tarifmodelle der privaten Versicherung variieren, prinzipiell solltest du aber wissen: weniger Kosten bedeuten immer weniger Leistungen.

  • Unfallversicherung: 8,90€/Monat

Diese Kosten sind in jedem Fall unabhängig von deinem Unternehmensumsatz zu zahlen.

  • Selbstständigenvorsorge: 1,53%

Den regulären Sozialversicherungsbeitrag musst du ab einem Umsatz von 30.000 Euro jährlich einplanen.

Abgesehen von den erwähnten Versicherungen, sowie Einkommens- und Umsatzsteuer kommen in Deutschland noch weitere Steuerarten, wie die Verbraucher-, Besitz-, Verkehr-, Kirchensteuer und weitere Abgaben zum Tragen!

Top-Steueroasen in Europa & weltweit

Doch nicht alle Länder nehmen es mit den Abgaben an den Staat so genau, haben so viele Unterkategorien, oder kassieren einen so hohen Prozentsatz an Steuern. Gerade Freelancer versprechen sich davon oft einen erfolgreicheren Start ins Unternehmensleben.

Verständlich, denn gerade Freelancer im Online-Business sind nicht ortsgebunden und können ihren Standort frei wählen.

Zu den Top-Steueroasen weltweit zählen unter anderem:

  • Die Bermudas,
  • die Cayman Islands,
  • Jersey,
  • Barbados,
  • Hong Kong,
  • Curaçao,
  • Mauritius und die Britischen Jungferninseln.

Wem das zu weit weg ist, der findet auch ganz in der Nähe sein persönliches Steuerparadies. Nämlich zum Beispiel in:

  • der Schweiz,
  • Luxemburg,
  • Tschechien
  • in den Niederlanden
  • oder auch Irland.

Den Unternehmensstandort samt Wohnort von heute auf morgen in eine Steueroase zu verlegen ist allerdings für Laien nicht ganz so einfach. Wer es allerdings professionell angehen will, findet im Internet eine Vielzahl von Anbietern, die diese Aufgabe gegen ein Honorar übernehmen.

Rechtlich gesehen bewegt man sich hier nach wie vor im legalen Bereich, wobei die EU an einem neuen Regelwerk arbeitet, um diese Steuerschlupflöcher nun endgültig zu schließen.

Ob sich ein Umzug für dich persönlich lohnt ist wieder eine ganz andere Geschichte. Denn abgesehen von den steuerlichen Erleichterungen, gibt es für dich als Auswanderer eine Vielzahl an Hürden zu meistern.

Die Nachteile von Steueroasen

Natürlich ist der Schritt ins Ausland auch ein Schritt in ein völlig neues Leben. Dadurch, dass dein Lebensmittelpunkt im Zielland sein muss, lässt du meist Freunde und Familie zurück. Dein soziales Punktekonto ist erstmal auf 0 und du musst in jeder Hinsicht von vorne anfangen.

Du siehst dich außerdem einer anderen Kultur gegenüber, solltest also offen für Neues und auch für ein gewisses Maß an Anpassung sein. Eventuell siehst du dich als Freelancer, je nach Auftragslage, auch einer niedrigeren Lebensqualität gegenüber und musst deinen Lebensstandard völlig umsatteln. In vielen Ländern ist außerdem die Infrastruktur schlechter und die Kriminalitätsrate weit höher als in Deutschland. In punkto Wohlfühlfaktor sind das definitiv große Einbußen.

Willst du für Besuche wieder ins Heimatland, musst du außerdem Kosten für Heimflüge oder lange Autofahrten einplanen. Wenn dir das wichtig ist, relativieren sich deine Steuerersparnisse also relativ schnell wieder.

Eine fremde Sprache kann ebenfalls zum Stolperstein werden, wenn es beispielsweise um Bürokratie geht. Ohne ortskundige Berater bist du hier wahrscheinlich auf verlorenem Posten. Und auch dieser Punkt verursacht wiederum zusätzliche Kosten, die deine Steuerersparnisse schmälern!

Als Freelancer im Ausland solltest du dir außerdem unbedingt Gedanken über deine Altersvorsorge machen. Was noch weit weg scheint, kann später zum großen Nachteil werden. Eigentlich gelten diese Bedenken für Arbeitnehmer generell, aber gerade als Selbständiger sollte dir klar sein, dass du aus der gesetzlichen Rentenversicherung herausfällst. Generell bist du sozialversicherungstechnisch nicht automatisch abgesichert.

Steuerparadiese sind kein Märchen – es gibt sie tatsächlich. Doch ob du persönlich als Freelancer auch wirklich Vorteile aus einer Auswanderung ziehen kannst, ist nur bedingt sicher. Du musst dich im Vorhinein penibel genau über deine Steuerbedingungen informieren und dich auf einige Schwierigkeiten im Zielland einstellen. Ob sich das hohe Risiko für dich lohnt, musst du selbst entscheiden. Fakt ist: du musst dir ein neues Sozialleben aufbauen, die Sprache perfektionieren, dich der Kultur anpassen und es fallen zusätzliche Kosten an, wenn du regelmäßig in die Heimat fliegen willst!


Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag von Franz Schmid, Geschäftsführer und Inhaber von Steuerkanzlei Franz Schmid in Jenbach in Tirol. Seit 25 Jahren führt er seine Kanzlei und hat insbesondere für Jungunternehmer und Gründer
stets ein offenes Ohr und steht ihnen mit Rat und Tat zur Seite. Generell sind ihm eine persönliche Betreuung und die Nähe zu seinen Klienten sehr wichtig.